Nach dem erneuten Gewinn des Topfavoriten Christian Maurer und der hervorragenden Leistung des Rookies Sebastian Huber, kämpften am neunten Tag des Rennens vier Piloten in einem fulminanten Finale um den letzten Podiumsplatz. Wären die Red Bull X-Alps eine Formel 1-Veranstaltung, würde man sagen: Na klar, da hat Bernie Ecclestone seine Finger im Spiel gehabt, damit es spannend wird … Das atemberaubende Finish der 2015er Red Bull X-Alps war eine konsequente Fortsetzung des fulminanten Starts am 5. Juli in Salzburg – einem echten Hammertag mit enorm weiten Flügen vom Gaisberg über den Wendepunkt Dachstein bis an den Fuß des skywalk-Wendepunkts Kampenwand.
Schon am ersten Tag zeichnete sich ab, dass es diesmal keinen Alleingang des dreimaligen X-Alps Champions Chrigel Maurer geben würde. Die beiden skywalk-Piloten Stephan Gruber und Paul Guschlbauer machten mächtig Dampf und bestimmten an diesem herausragenden Flugtag vorne das Tempo. Stephan holte sich sogar den „Tagessieg“ und konnte als erster seine Unterschrift am „sign in board“ auf der Kampenwand setzen.
Stephan Gruber (AUT3) and Christian Maurer (SUI1) performs during the Red Bull X-Alps at Aschau-Chiemsee (turn point 3), Germany on 5th July 2015 – photo: © zooom.at/Kelvin Trautmann
Den nächsten Wendepunkt, Lermoos an der Zugspitze, erreichte Chrigel Maurer zwar als Erster, doch Paul und Stephan waren dicht an seinen Fersen. Selektive Bedingungen mit Nordföhn zogen das Feld dann gewaltig auseinander. Opfer des Reglements wurde Yvonne Dathe, eine der zwei teilnehmenden Frauen, die trotz sehr guter Flugleistungen am dritten Tag als Letzte des Feldes aus dem Rennen genommen wurde. Am 4. Tag wurde klar, dass diesmal ein Rookie ganz vorne mitmischen würde: Sebastian Huber, ein junger deutscher Pilot aus Niederbayern, flog in Italien bis auf Platz 2 vor. Doch auch der Tscheche Stanislav Mayer und der Schweizer Michael Witschi waren auf einmal in Schlagdistanz zur Spitze. Chrigel Maurer flog keineswegs einsam vorne weg wie bei den vergangenen Rennen. Der Spitzenpulk war auch am 5. und 6. Tag noch eng zusammen. Paul und Stephan konnten mit dem skywalk X-ALPS2 bei langen Querungen immer wieder das enorme Potenzial des Flügels ausspielen, die Performance unseres eigens für die Red Bull X-Alps 2015 entwickelten Flügels nötigte den anderen Piloten gehörigen Respekt ab. Auch das brandneue Gurtzeug RANGE X-ALPS, das neben Paul, Stephan und dem dritten skywalk-Piloten Ivan Colas viele weitere Teilnehmer flogen, bewährte sich überaus gut. Dass sowohl Peter Müller, der Entwickler des RANGE X-ALPS, wie auch Alex Höllwarth, der Konstrukteur des X-ALPS2, leidenschaftliche Hike and Flyer sowie ambitionierte Streckenflieger sind, schlägt sich 100% in diesen Produkten nieder. Die Red Bull X-Alps 2015 zeigten leider nicht nur enorm weite Flüge und herausragende Gehleistungen, es ereigneten sich auch mehrere Unfälle. Michael Witschi landete an der Rettung in einem See am Berninapass, Toma Coconea brach sich den Arm und schlug sich einen Zahn aus und Tom de Dorlodot musste mit einer Sprunggelenkverletzung aufgeben. Der fünfmalige X-Alps-Teilnehmer Michael Gebert zog die Konsequenzen und stieg aus dem Rennen aus, weil die Bedingungen manchmal einfach am Limit waren. Sieben Tage nach dem Start lag Chrigel Maurer am letzten Wendepunkt Lac d’Annecy nur kurz vor Paul. Seiner Route zu folgen hätte für Paul einen fast sicheren zweiten Platz bedeutet. Doch Paul setzte alles auf Sieg und wählte eine riskante westliche Route. Leider ging die Rechnung nicht auf, starke Winde zwangen ihn fast 24 Stunden lang an den Boden während Chrigel Maurer und Sebastian Huber Kilometer um Kilometer abspulten. Sebastian Huber zog deutlich an Paul vorbei und kam nach einem Gewaltmarsch durch die Nacht am Morgen des neunten Tages in Monaco an. Das Rennen um den letzten Podiumsplatz war eröffnet, ein Race wie man es bei den Red Bull X-Alps noch nie gesehen hatte. Durch einen im Prolog erworbenen zweiten Night Pass konnte Paul die halbe Nacht durchlaufen und zumindest zehn Kilometer seines Vorsprungs auf das Verfolgertrio Aaron Durogati, Gaspard Petiot und Antoine Girard retten. Fast zeitgleich mit den Topfavoriten startete Paul gegen 11:00 Uhr den finalen Flug nach Monaco. Während die drei Verfolger im Pulk fliegen konnten, war er auf sich alleine gestellt. Pauls Vorsprung wuchs zuerst etwas an, schmolz dann jedoch rasant dahin. Am Nachmittag kürzte der ehemalige PWC-Champion Aaron Durogati geschickt die Route ab und war plötzlich dicht hinter Paul, der 20 km vor dem Ziel im Lee eines Bergrückens landen musste. Als Durogati nochmals Thermik ausgraben konnte und an Paul vorbeiflog, schien das Rennen gelaufen zu sein. Auch Petiot war wieder im Spiel und nur wenige Kilometer mit viel Höhe dicht dahinter, während Girard etliche Kilometer zurück geschlagen schien. Doch Paul gab noch nicht auf. Er befreite seinen Flügel aus der Macchia und sprintete mit dem zusammengerafften Schirm etliche Höhenmeter zu einer Rinne um von dort wieder zu starten. Währenddessen versenkte sich Durogati 10 km vor Monaco tief in einem Seitental und versuchte von dort zu Fuß in einem unglaublichen Tempo, das Rennen noch für sich zu entscheiden. Paul konnte tatsächlich direkt an seinem Startberg aufdrehen und flog östlich der direkten Linie Richtung Ziel, plötzlich wieder mit guten Karten! Petiot war auf der direkten Linie ein Stück zurück, aber immer hoch genug, um Paul einzuholen, der auf seiner östlichen Route einiges an Zeit verlor. Zwei Kilometer vor dem Ziel wurde Paul erneut in die Büsche gezwungen. Er packte ein und rannte los. Petiot konnte nochmals einen Leebart ausgraben, der ihn mit 4m/s nach oben korkte! Das war’s dann wohl. Denn ein paar hundert Meter Höhengewinn würden reichen, um Paul zu überholen und das Ziel fliegend zu erreichen … Dramatik pur. Doch kurz nachdem Petiot den vermeintlich siegbringenden Bart gefunden hatte, spülte es ihn rasant nach unten und er musste nur wenige Kilometer hinter Paul ebenfalls landen. Durogati war zu diesem Zeitpunkt ungefähr 8 Kilometer Luftlinie aber etliche Höhenmeter vom Ziel entfernt. Damit schien die Reihenfolge des Zieleinlaufs fix zu sein: Paul auf Platz 3, Petiot auf 4 und Durogati auf 5 – zumindest wenn sich keiner verlaufen würde. Wäre da nicht Antoine Girard. Vermeintlich abgeschlagen, war er immer in der Luft. Und tatsächlich landete „FRA2“ direkt am letzten Wendepunkt oberhalb Monacos, wenige Minuten hinter Paul auf Platz 4, wenige Minuten vor Petiot und kurz vor Durogati! Was für ein packendes Finish dieser vier Athleten das war an diesem Tag! Würde man ein solches Drehbuch schreiben, niemand würde einem so eine Story abkaufen….
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